Walter Peters


Mein Leben im Stemmenkamp

von Walter Peters

Meine Eltern lebten und arbeiteten in den fünfziger Jahren auf einem Bauernhof in Klein Pampau. Durch die Bauernkammer in Kiel erfuhren sie, wie auch die anderen künftigen Siedler, dass in Dassendorf eine Siedlung geplant wurde, in der im Nebenerwerb Landwirtschaft betrieben werden sollte. Lebensmittel waren noch teuer, die Einkommen gering. „Das wäre doch was für uns“, waren sich meine Eltern einig und bewarben sich für dieses Projekt. 0,95 DM sollte ein m² Land kosten. 1.250 m² waren da erschwinglich. Für Haus und Grundstück bezahlten meine Eltern damals 25.500 DM. Damit war dann nur der Innenausbau im unteren Bereich abgedeckt.

Da die ganze Siedlung vom selben Architekten geplant wurde, glichen sich die Häuser, auch in der Raumaufteilung, wie ein Ei dem anderen. So konnte gespart werden. Den Standort seines Hauses konnte sich niemand aussuchen. Die Grundstücke wurden unter den Interessenten verlost. Die Häuser hatten vier Räume im Erdgeschoss. Sie wurden durch Kachelöfen beheizt, die mit Holz und Kohle befeuert wurden. Auch in der Küche konnte neben Elektroenergie ebenso Kohle und Holz zum Kochen genutzt werden. Es war noch lange attraktiv, sich einen Holzsammelschein bei Bismarck zu besorgen.

Der Dachgeschossausbau kostete 3.000 DM extra. So konnte aber auch die ältere Generation mit einziehen und sich an den Kosten und anfallenden Arbeiten in Haus und Garten beteiligen. Große Platzansprüche stellte noch niemand. Man rückte zusammen und war froh, ein eigenes Dach über dem Kopf zu haben.

Ich wurde am 9. November 1957 noch in unserer Wohnung in Klein Pampau geboren. Da wir aber schon am 12. August 1959 in den Stemmenkamp zogen, ist nur Dassendorf meine Heimat. 1960 zog dann auch meine Oma mit ihrem Lebensgefährten, den ich Opa nannte, in die Dachgeschossräume unseres Hauses.

Alle Siedler mussten 14 Bäume pflanzen. Apfel-, Birnen-, Pflaumen- und Kirschbäume beschatteten bald die Gärten und sorgten im Sommer reichlich für Obst. Darunter wurde Gemüse angebaut: Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Erbsen und Bohnen. Es gab reichlich zu tun, schon allein durch das Einwecken der Ernten. Auch Nutztiere sollten gehalten werden. So gehörte auch ein Stall zu jedem Grundstück. Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen. Da hatte jeder die Wahl. Meine Eltern hielten zwei Schweine. Es gab in unserer Siedlung auch jemanden, der Hausschlachtungen durchführte. Ab 1988 war dies verboten. Da gaben die meisten Privathaushalte, auch meine Eltern, die Schweinehaltung auf.

Damals verband uns auch das gemeinsame Interesse am Gemüseanbau und der Tierhaltung. Erfahrungen und Wissen wurden ausgetauscht. Aber auch die Pflege unserer gemeinsamen Straße, die Organisation der Be- und Entwässerung mussten geregelt werden.

1960 wurde eine Be- und Entwässerungsgenossenschaft gegründet. Herr Siegfried Reimann wurde ihr Vorsitzender und übte dieses Amt bis zu ihrer Auflösung 1998 aus. Es gab eine gemeinsame Pumpenanlage in einem eigenen Häuschen und daneben ein Löschwasserbecken. Das Abwasser aus den Häusern wurde in eine Gemeinschaftsanlage am Flachsthumweg, etwa gegenüber dem Meyersweg, geleitet. Entstehende Gerüche aus den Entlüftungsrohren konnten uns so nicht belästigen. Es gab noch keine Abwasserentsorgung in Dassendorf. Da war es ein Luxus, dass wir für unsere Siedlung eine zentrale Grubenanlage hatten. Die Genossenschaft sorgte für die regelmäßige Leerung, die Abrechnung des Wasserverbrauchs und die Wartung der Pumpe. Das Oberflächenwasser der Grundstücke und der Straße wurde über ein Rohr in den Entwässerungsgraben am Flachsthumweg geleitet. Dafür hat unsere Siedlungsgemeinschaft viele Jahre diesen Graben bis an den Rehkamp ran sauber gehalten. Dass dies alles friedlich und im vertrauensvollen Miteinander über Jahrzehnte geregelt werden konnte, war nicht selbstverständlich und sagte auch etwas über die handelnden Personen und unsere bis heute funktionierende Siedlungsgemeinschaft aus.

Als in den 70er Jahren eine zentrale Abwasserentsorgung für ganz Dassendorf entstand, waren wir finanziell kaum betroffen. Es wurde ja nur das zentrale Rohr von der Abwassergrube im Flachsthumweg an die neue Leitung umgesteckt. Auch unsere Straße entsprach den Erfordernissen eines öffentlichen Weges und konnte von der Gemeinde übernommen werden. Bis dahin gab es einen Siedlungsobmann und Vereinsvorstand, der den Winterdienst, die Reinigung und Pflege unserer privaten Straße organisierte. Es waren dieselben Personen, die auch die Be- und Entwässerung organisierten. Vier Personen gehörten zum Vorstand und vier Personen zum Aufsichtsrat. Als ich 1980 das Grundstück meiner Eltern übernahm, wurde ich dessen Vorsitzender.

Die Einkommen wuchsen und die Kinder wurden groß. So wie ich, konnten auch andere Kinder, die hier erwachsen wurden, auf den elterlichen Grundstücken bauen. Inzwischen sind meine Eltern gestorben und ich konnte mein Elternhaus so erweitern und modernisieren, dass auch meine beiden Töchter in eigenen Wohnungen hier wohnen können.

Gemeinschaft wurde in unserer Siedlung immer großgeschrieben. Auch heute noch feiern wir jährlich unser Stiftungsfest. Reihum richtet jeder Siedler dieses Fest auf seinem Grundstück aus.

Etwa die Hälfte der ursprünglichen Siedler hat ihre Häuser und Grundstücke an die nächste und übernächste Generation übergeben können. Entsprechend wurde der Wohnraum erweitert. Nur wenige Häuser sind noch im alten Stil verblieben. Finden Sie diese doch mal bei einem Spaziergang!

Ich habe hier von Kindheit an gelernt, dass es wichtig ist, sich in die Gemeinschaft einzubringen. Dies tue ich heute auch über Dassendorf hinaus, z.B. im Sozialverband. Am 3. Juli 1972 wurde ich Gründungsmitglied der Jugendfeuerwehr und ging 1975 in den aktiven Dienst. Nun bin ich Rentner und gehöre der Ehrenabteilung an.

Auch in die Kommunalpolitik führte mich mein Weg. 1996 trat ich in die SPD ein und engagierte mich als wählbarer Bürger in Ausschüssen. Von 2003 bis 2018 war ich Mitglied der Gemeindevertretung. Auch dies war eine prägende Erfahrung. Heute gehöre ich noch dem Ortsvereinsvorstand an und bin stellvertretendes Mitglied in Ausschüssen.

Aber eigentlich ist eher Organisieren „mein Ding“. „Es gibt nichts Gutes- außer man tut es“ (Erich Kästner) So führte mich mein Weg 2008 in die AWO. Seit 2014 bin ich ihr Vorsitzender. Es macht mir Spaß, Tagesfahrten zu planen und durchzuführen, Telebowling und vieles mehr anzubieten, mich mit dieser Gemeinschaft auch an kommunalen Notwendigkeiten wie „unser sauberes Dorf“ mit einzubringen. Meine Familie unterstützt mich tatkräftig dabei. So kann es gerne noch lange weitergehen…

Walter Peters

Fotos: privat

zeitzeugen peters straßenansicht

Seit 1959 bis heute wohnt Walter Peters mit seiner Familie im Stemmenkamp.

zeitzeugen peters häuserzeile

Die Siedlung Stemmenkamp entstand in den späten 50er Jahren.

zeitzeugen peters gemeinschaft

Schon in der Bauzeit entwickelte sich eine gute Nachbarschaft, die bis heute gepflegt wird.


Weitere Zeitzeugen und Erinnerungen finden Sie hier in der APP unter ">>>Freizeit & Leben & Erinnerungen/Zeitzeugen"<<<

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