Archiv: Freiwillige Feuerwehr Dassendorf

Was gab es davor?

15.04.2025


Unter der Rubrik ">>>Freizei&Leben&Erinnerungen/ Zeitzeuginnen & Zeitzeugen<<<" finden Sie einen neuen Artikel zur Freiwilligen Feuerwehr Dassendorf und die Zeit davor. Erstellt vom Amtsarchivar Dr. William Boehart. Haben Sie Fotos aus den Anfängen der Freiwilligen Feuerwehr Dassendorf? Oder Berichte/Texte? Dann gerne zusenden. 


Eine Freiwillige Feuerwehr in Dassendorf - Was gab es davor? Amtsarchivar Dr. William Boehart

1911 wurde die Freiwillige Feuerwehr in Dassendorf gegründet. Für den Lokalhistoriker stellt sich die Frage: Was gab es davor? Wie hat sich das Gemeinwesen gegen Feuergefahr ge-schützt?

Von seiner Gründung im 14. Jahrhundert bis zum ersten Viertel des 20. Jahrhunderts war Dassendorf ein reines Bauerndorf am Rande des Sachsenwaldes. 1867 zählte das Dorf 298 Personen, 1910 waren es nur noch 204. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts reihten sich die Höfe nach wie vor um den Dorfanger, einzig die nahe liegende Chaussee zwischen Hamburg und Berlin (heute B 207) und der fünf Kilometer entfernte Bahnhof Aumühle eröffneten Fenster zur „großen weiten Welt". Die Waldsiedlung gab es noch nicht. Nach einem kleinen Anfang kurz vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges entstanden zwischen 1927 und 1931 auf den ehemaligen Buschkoppeln der Bauern westlich des Dorfkerns über 330 Wochenendhäuser. Errichtet wurden sie von Hamburgern, überwiegend Arbeitern und Angestellten vom Hamburger Hafen oder von weiteren Hamburger Betrieben. Aus dem Kern entwickelte sich nach 1943 die heutige Waldsiedlung mit ihren schmucken Wohnhäusern.

Für das alte Bauerndorf stellte Feuer eine elementare Gefahr dar. In den Fachwerkhäusern mit ihren Stroh- oder Reetdächern und den offenen Feuerstellen konnte ein einzelner Funke zu einer Katastrophe führen. Von der Gründung des Dorfes an gehörte es zu den gegenseitigen Pflichten der Dorfbewohner, sich im Falle eines Brandes zu schützen. Die alte bäuerliche Gemeinde war eine Lebens- und Schutzgemeinschaft. Überliefert ist, dass auf dem Lande die ersten Versicherungen entstanden, und zwar: Feuerversicherungen. Die heutigen Brandkassen sind Folgeeinrichtungen dieser ältesten Versicherungsformen.

Wie sah die Brandbekämpfung aus in der Zeit vor der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr?

„Die Feuerordnung für das platte Land des Herzogtums Lauenburg" vom 17. Dezember 1784 gibt Auskunft.

Danach waren alle Haushalte mit Feuerstellen verpflichtet, Feuergeräte vorzuhalten, die alle Vierteljahr kontrolliert wurden. Verantwortlich war dafür ein Feuergraf, der jeweils dem Bauernvogt (dem „Chef" unter den Bauern) zur Seite gestelt wurde. Leider sind für Dassendorf keine Unterlagen aus dieser alten Zeit überliefert worden, so dass wir Einzelheiten vor Ort nicht erfahren können. Wegen der Bedeutung des Feuerschutzes ist jedoch davon auszugehen, dass die

Bestimmungen der Feuerordnung eingehalten wurden. In jedem Dorf mussten zwei Feuerleitern und zwei Feuerhaken vorgehalten werden, die aus den bei Verstößen gegen die Feuerordnung festgesetzten Strafgeldern finanziert wurden. Außerdem wurde angeraten, der Brandkasse der Feuergilden beizutreten. Ob Dassendorf diesem Rat gefolgt ist, ist nicht festzustellen.

Auf den einzelnen Bauernhöfen sollten folgende Gerätschaften bereit stehen:

  • ein kleiner Haken,
  • eine Hausleiter,
  • ein Ledereimer oder Handspritze
  • zwei gewöhnliche Wassereimer,
  • eine Leuchte und
  • eine wassergefüllte Tonne oder Kufe.

Vorgeschrieben war, dass Töpfer-, Brenn-, Schmelz- und Backöfen fernab von der Siedlung einzurichten waren und nicht eingezäunt werden durften. Es wurde angeregt, neben den vorhandenen Viehtränken auch das Vorhalten von Feuerlöschwasser zu beachten. Trockene Zäune sollten durch die Anlegung lebendiger Hecken ersetzt werden. Bei Benutzung von Licht und des Nachts beim Verwahren des Feuers sowie beim Tabakrauchen war äußerste Sorgfalt zu wahren. Drechseln, Häckseln und Flachsschwingen war bei offenem Licht verboten. Die Häuser sollten einen ausreichenden Abstand voneinander haben und die Schornsteine regelmäßig gekehrt werden. Schornsteine auf Strohdächern mussten einen Sattel haben, und hölzerne Gerätschaften an Feuerstellen waren verboten. Viehhirten durften in der Nähe von Häusern und Holzzäunen kein Feuer entfachen, und das Heidebrennen war verboten. Das Verheimlichen von Feuern war unter Strafe gestellt.

Die „Feuerordnung von 1784" beschrieb mit großer Genauigkeit Maßnahmen der passiven Feuerbekämpfung. Wie sah die aktive Bekämpfung aus, wenn ein Feuer im Dorf tatsächlich ausbrach? Es gehörte zu den Aufgaben des Nachtwächters, sich besonders um Brandgefahren zu kümmern. Nachdem Feuergraf und Bauernvogt benachrichtigt wurden, fanden sich alle erwachsenen Personen (also auch Frauen) mit ihren Hausfeuergeräten ein. Fuhrwerksinhaber mussten ihre Wassertonnen herbeischaffen. Die Männer hatten durch Niederreißen der Dächer das Feuer auf den Boden zu bringen, die Frauen das Wassertragen zu besorgen. Nahe gelegene Häuser waren mit nassen Tüchern zu bedecken und gegebenenfalls niederzureißen. Bei dem gelöschten Haus und den niedergerissenen Häusern wurde jeweils eine Wache aufgestellt.

Es ging bei der alten Brandbekämpfung weniger um das Löschen des Feuers als um das Ein-dämmen. Die wichtigsten Gerätschaften waren die Feuerhaken. Im Laufe des 19.  Jahrhunders entwickelten sich neue Gerätschaften. Wichtigste Neuerung war die Handdruckspritze, deren Bedienung eine Ausbildung benötigte. Gerade diese neue Lage führte zur Gründung von Freiwilligen Feuerwehren. Die alten „Pflichtwehren" in den Dörfern erwiesen sich als nicht geeignet, um die erforderlichen Übungen zu leisten und Kenntnisse zu erwerben. Nach etwa 1850 war es das Ziel der oberen Behörden, eingeübte Brandwehren zu haben, die an dem Gerät ausgebildet waren und unverzüglich zur Brandbekämpfung zur Verfügung standen. So heißt es in §1 der Mustersatzung für die Freiwilligen Feuerwehren der Provinz Schleswig-Holstein vom 16. April 1904:

„Die Freiwillige Feuerwehr ist eine Vereinigung gesunder und kräftiger Männer, welche die Ehrenpflicht übernehmen, sich durch regelmäßige Übungen bei militärischer Disziplin die Ge-wandtheit, den Mut und die Ruhe anzueignen, welche nötig sind, um bei Feuergefahr möglichst rasch und in zweckmäßiger Weise Hilfe leisten zu können".

1866 entstand die erste Freiwillige Feuerwehr im Herzogtum Lauenburg, und zwar in Ratzeburg. Es folgten rasch danach die Städte Mölln und Lauenburg. Auf den Dörfern findet man zahlreiche Gründungen im Zeitraum vor 1890, wie Schwarzenbek 1883, Breitenfelde 1889 und Lütau und Pötrau 1890. Mit der Gründung 1911 gehört die Freiwillige Feuerwehr Dassendorf zu den älteren Wehren im heutigen Amt Hohe Elbgeest.

Amtsarchivar Dr. William Boehart